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Dienstag, 14.08.2018

Mehr Betriebsrente in der bAV? Darf die Berechnung geändert werden?

Der Fall

Der klagende Betriebsrentner bezieht seit April 2002 eine Betriebsrente. Die Anpassung der Betriebsrente folgte - gemäß der Versorgungsordnung von 1986 zunächst bis 2013 der Entwicklung der Gehaltstarife. Zum 01.07.2014 erfolgte die Anpassung dann auf Grundlage der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes. Die Anpassung erfolgte um 1,03 %, während die Tarifvertragserhöhung 1,8 % betrug. Diese Änderung der Berechnung beruhte auf einer Betriebsvereinbarung aus 2005.

Der Betriebsrentner wollte weiterhin eine Anpassung gemäß Steigerung der Gehaltstarife.

Das Urteil

Der Betriebsrentner bekam Recht und die Rentenanpassung nach der Steigerung der Gehaltstarife zugesprochen.

Die Richter des dritten Senats argumentierten, dass die Neuregelung durch die Betriebsvereinbarung 2005, wonach die Anpassung künftig "unter Berücksichtigung der Entwicklung der Gehaltstarife, der Lebenshaltungskosten bzw. der Realeinkommen sowie der wirtschaftlichen Lage der H" festgelegt wird, in Versorgungsrechte des Betriebsrentners eingreift. Rechtfertigende Gründe sind nicht gegeben. Die alte Versorgungsordnung folgte nämlich bei der Rentenanpassung immer der Entwicklung der Gehaltstarife. Bei der neuen Betriebsvereinbarung konnte die Anpassung sogar vollständig unterbleiben oder hinter der Gehaltsentwicklung zurückbleiben.

Nach Ansicht der Richter ist die Zulässigkeit dieser Verschlechterung der Anpassungsregelung am Maßstab für die Ablösung von Versorgungsregelungen durch Betriebsvereinbarungen zu messen. Die Änderungen sind daher an die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gebunden.

Bei Anwartschaften wendet das BAG hier das dreistufige Prüfungsschema an. Dies ist jedoch nicht auf Betriebsrenten zugeschnitten. Es gilt bei Betriebsrenten der Grundsatz: In laufende Versorgungsleistungen darf nur eingegriffen werden, wenn tragfähige Gründe vorliegen. Das bedeutet, das nach Eintritt des Versorgungsfalles in der Regel nur noch geringfügige Verschlechterungen gerechtfertigt sein können. Auch für geringfügige Eingriffe bedarf es sachlich nachvollziehbarer, Willkür ausschließender Gründe.

Liegt ein mehr als geringfügiger Eingriff vor, müssen darüber hinausgehende Gründe bestehen. Sie müssen die konkrete Verschlechterung der Versorgungsordnung ausnahmsweise unter Berücksichtigung des durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erworbenen Bestandsinteresses einerseits und der Schwere des Eingriffs andererseits aufgrund ganz erheblich überwiegender Interessen des Arbeitgebers tragen. Dies beruht darauf, dass der Arbeitnehmer die den Versorgungsanspruch begründende Gegenleistung bereits vollständig erbracht hat und der Arbeitnehmer nach Eintritt des Versorgungsfalles nicht mehr die Möglichkeit hat, etwaige Versorgungslücken durch Eigenvorsorge zu schließen.

Unter diese Grundsätze fallen auch Eingriffe in die Anpassungsregelung.

Der Arbeitgeber hatte allerdings im vorliegenden Fall keine rechtfertigenden Gründe für die Änderung der nach der neuen Betriebsvereinbarung in seinem Ermessen liegenden Berechnung der Anpassung der Betriebsrenten gegeben.

Hinweis für die Praxis

Verschlechternde Eingriffe in laufende Betriebsrenten - auch in die Formeln zur Anpassung der Betriebsrenten - sind also immer am Maßstab der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu rechtfertigen. Es gilt zwar nicht die Drei-Stufen-Theorie, aber je deutlicher die Verschlechterung ausfällt, umso höher sind die Maßstäbe, die das BAG anlegt.

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